Wie man eine Schlacht gewinnt, aber den Krieg verliert – Geschichten aus dem Gemeindebau

Ein Gemeindebau der späten 1950er Jahre. ExpertInnen erhalten Kunde von randalierenden Jugendlichen, die in dieser Wohnhausanlage ihr Unwesen treiben.

Die Jugendlichen sind schnell gefunden: 15 bis 20 Burschen in der Adoleszenz. Sie wohnen in der Anlage, fühlen sich mit ihr sehr verbunden, aber es sei ihnen halt fad. Wenn sie einen der vielen leerstehenden Sozialräume nutzen könnten, würden sie garantiert keine Dummheiten anstellen. Großes Indianerehrenwort.

Also wird der gewählte Vertreter der MieterInnengemeinschaft mit dem Anliegen konfrontiert. Ja, ja, sagt der darüber hinaus auch verdiente Parteifunktionär, er habe nichts dagegen. Als Ex-Lehrer wisse er aber, dass unbeaufsichtigte Jugendliche immer nur Blödsinn im Kopf hätten.

Es bieten sich engagierte MieterInnen an, die diese Aufsicht übernehmen würden. Dies freut den verdienten Parteifunktionär sehr. Leider müsse er anmerken, dass die Damen nicht über die so wichtige pädagogische Ausbildung verfügen würden, um diese Aufgabe angemessen zu erfüllen.

Das nächstgelegene Jugendzentrum wehrt die Anfrage ab. Kein Geld. Leider. Jetzt soll der Bezirksvorsteher einspringen. Der Angesprochene kann sich die Finanzierung „für ein paar Stunden in der Woche“ vorstellen. Alle freut‘s.

Plötzlich trüben Zweifel das Antlitz des verdienten Funktionärs. Würde die schweigende Mehrheit der MieterInnen wirklich diese Veränderung akzeptieren? Das könne er nicht entscheiden. Leider. Dafür braucht es eine Umfrage. Eine seriöse.

Ein Termin wird koordiniert, an dem Bezirksvorstehung, hohe VertreterInnen der Hausverwaltung und Abgesandte des Wohnbaustadtrats teilnehmen. Der verdiente Funktionär führt das Wort. Von Angst ist plötzlich die Rede, die umgehen soll unter der Gemeinschaft der alten, braven WählerInnen. Vom Wunsch nach Sicherheit und Sicherheitstüren ist die Rede und von einer Studie, die diese Wünsche seriös belegen soll. Und wenn man daneben auch noch nach dem Wunsch der Jugendlichen fragt, hat er nichts dagegen. Die Studie, die Türen und den ganzen Rest soll aber bitte die Verwaltung zahlen. So soll es sein, sagt die Politik und haut dabei auf den Tisch.

Zwei Jahre sind bis zu diesem Punkt vergangen. Am Ende gibt es ein Ergebnis, dass nur einen Sieger kennt. Den schlauen Taktiker. Zurückgeblieben sind ein paar düpierte Mieterinnen und frustrierte Jugendliche, die ganz sicher anders wählen werden als die Partei des verdienten Funktionärs.

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